JETZT erst recht …

Die Haute Couture war schon immer larger than life, doch je länger der Lockdown andauert, desto opulenter und größer träumen die Designer. Für die Frühjahr/Sommer-Saison 2021 zeigen sich die Häuser so vital und optimistisch wie selten zuvor -und sie haben allen Grund dazu.

von Silke Bender

Nun ist es bereits die zweite Haute-Couture-Saison in Paris, die der Pandemie wegen rein digital stattfand. Zum zweiten Mal in der Geschichte der hohen Schneiderkunst gab es keine echten Schauen, keine Cocktails, keine Fotografenmeuten, keine VIPs und keine Menschenaufläufe vor den Orten des Geschehens – die Location war wieder einmal ganz profan der Computer zu Hause oder das Smartphone in der Tasche. Die Reise-und Kontaktbeschränkungen durch Corona machen die Rituale der Modebranche noch immer unmöglich. Seit 1945 sind die handverlesenen Modehäuser,die sich mit dem geschützten Titel »Haute Couture« schmücken dürfen, eigentlich dazu verpflichtet, zweimal pro Jahr ihre Kollektionen mit einer Schau vor Publikum und Presse zu zeigen -wieder mussten sie auf virtuelle Präsentationsformen ausweichen; auf Filme, die im Stundenrhythmus auf der Website der Fédération de la Haute Couture et de la Mode anzuklicken waren.

Die Suche nach Inspiration

»Ich bin es so leid! Ich wünsche mir nichts mehr, als bald wieder vor echtem Publikum zu zeigen«, stöhnt Daniel Roseberry via Videocall aus dem Atelier Schiaparelli an der Place Vendôme, dessen Kollektion den Auftakt machte. Seiner Kreativität haben die diversen Lockdowns, die der gebürtige Texaner abwechselnd in seiner Wahlheimat New York oder an seinem Arbeitsplatz in Paris erlebte, nicht geschadet. Roseberrys dritte Haute-Couture-Kollektion für das legendäre Modehaus ist ein kräftiges Statement: Er verwandelt Frauen in muskulöse Superwomen – mit nahtlosen, hochglänzenden Lederkorsagen, in die mit Hitze Trompe-l’Oeil-Sixpacks skulptiert wurden, er polstert mit Lammwollkissen falsche Bizeps-und Trapezmuskeln in glasperlenbestickte Minikleider in Schiaparelli-typischem Shocking Pink. Er spielt mit Neopren-und Stretchstoffen, die sich wie eine zweite Haut anfühlen, und leichten, aus Harz gegosse nen und vergoldeten Oberteilen, die den Körper einerseits nackt erscheinen lassen, ihn aber wie ein Panzer schützen. »Ich wollte ein Statement setzen«,sagt Roseberry, »und zeigen, dass Haute Couture viel mehr kann als einen Frauenkörper in immer nur derselben grazilen Silhouette – schlanke Taille, ausladende Röcke -zu feiern.«

Inspiration fand er in den Archiven: Bei den alten, muskulös geschnitzten Holzmannequins aus den 30er-Jahren, an denen Elsa Schiaparelli früher selbst arbeitete. »Hyperglamour ist das Wort der Stunde -deswegen kommen die Kunden zu uns. Discogöttinnen-Glamour für die junge Haute-Couture-Generation. Ich entwerfe Mode für Frauen, die einen starken Auftritt suchen. Hübsch sein ist nicht unsere Sache«, lächelt er. Er denkt an Frauen wie Lady Gaga, als diese bei der Amtseinführung von Präsident Joe Biden vor dem Kapitol die US-Nationalhymne sang – gekleidet in Schiaparelli. Der rote Seidenrock mit der navyblauen Kaschmirjacke und der goldenen Friedenstaube am Revers hat schon jetzt Geschichte geschrieben. »Ein Gänsehautmoment, wie er einem nur einmal im Leben geschenkt wird -surreal«, sagt Roseberry, der den Auftritt tief gerührt vor dem Fernseher in Paris erlebte.

Hoch im Kurs

Die Haute Couture hat wieder Gewicht. Noch vor zehn Jahren schien der Olymp der Schneiderkunst fast ausgestorben -kaum mehr als eine Handvoll Häuser leistete sich noch den Luxus, teure Handwerkerateliers zu beschäftigen, um eine überschaubar gewordene Klientel von weltweit vielleicht 250 Kundinnen zu bedienen, die noch Kleider in fünf-bis sechsstelliger Preisklasse bestellten. Wenn die Modehäuser es taten, dann meist nur aus Marketingkalkül, um ihre Parfums oder Prêt-à-Porter-Stücke teurer zu verkaufen. Diesmal war der Kalender mit 28 Häusern so voll wie nie, darunter auch viele Newcomer und Gäste wie der Kalifornier Sterling Ruby, Charles de Vilmorin oder Julie de Libran. »Mit Haute Couture wird wieder Geld verdient«, sagt Ralph Toledano, Präsident des Dachverbands der französischen Mode FHCM. Grund seien die vielen neuen Superreichen aus den aufstrebenden großen Volkswirtschaften von Russland bis China, die sich die teuren Einzelstücke gerne leisten; aber auch kreative Erneuerung in den Häusern sei daran beteiligt: Mit innovativen Materialien, Techniken und Ansätzen habe sich die Haute Couture ein neues, jüngeres Publikum und neue Einsatzmöglichkeiten abseits der herkömmlichen Terrains -rote Teppiche, Galas oder opulente Hochzeiten -erobern können.

Kreative Erneuerer der hohen Schneiderkunst sind Designer wie die Niederländerin Iris van Herpen. Die »Alchimistin der Haute Couture« ließ schon Elektrizität, Wasser und Magnetismus zu Kleidern werden und hat sich diesmal der Biologie zugewandt: Ihre Kollektion »Roots of Rebirth« erforscht die Welt der Sporen und Pilze -mit Kreationen, die filigran und schwerelos zu schweben scheinen. Ihre neuartigen, hochästhetischen Ergebnisse erreicht van Herpen durch intensive Forschung, bei der sie altes Handwerk mit neuesten Technologien, etwa Lasercut und 3D-Drucker, verbindet.

Auch Alber Elbaz, der mit großer Spannung in der Modewelt zurückerwartete Designer, setzte bei seiner ersten Kollektion auf innovative Materialien.

Zu sehen waren etwa bequeme Body-Shape-Stretchstoffe, die er mit einer italienischen Textilfabrik entwickelte und die durch geschickt gesetzte Quereinsätze jeder Frau den Körper ein bisschen mehr in Richtung ihres Wunschbilds formen; oder funktionale, fließende Hightech-Gewebe aus den Niederlanden, temperaturausgleichend und atmungsaktiv, die bei Elbaz elegant in Abendroben und in der »Switchwear« (Kleidungsstücke, die sowohl für Yoga zu Hause als auch Business-Zoom-Meetings taugen) getragen werden. In der humorvoll inszenierten TV-Show präsentierte sich der Designer als Moderator, der den Frauen zuhört und ihnen in der Mode nun das geben will, was sie sich schon immer wünschten. Einzig gewöhnungsbedürftig waren Elbaz’ neue gelbblonde Haartolle, die ein bisschen an Donald Trump erinnert, und der seltsam banal klingende Labelname AZ Factory, der nach chinesischer Billigproduktion klingt. Ein Teil der Kollektion war sofort auf der Website des Labels, bei Farfetch und bei Net-A-Porter online zu bestellen.

Reich an Spirituellem

Die erste Liga der Schneiderkunst ist ein Feld, auf dem traditionell hemmungslos geträumt und geschwelgt wird: Kostbare Stoffe in verschwenderischer Üppigkeit an Kleidungsstücken und Roben, die in Hunderten von Arbeitsstunden entstehen und die per se nicht für den Alltag und für jedermann gedacht sind. Damit wurde Christian Dior in der kargen, darbenden Nachkriegszeit zum Stilguru -Mode als Realitätsflucht. Dior-Chefdesignerin Maria Grazia Chiuri entführt auch diesmal in die Fantasie: In einem imaginären Tarotkarten-Schloss (der abergläubische Monsieur Dior liebte Tarot) präsentieren die zu Leben erweckten Kartenfiguren das gesamte Savoir-faire der Ateliers – eingelassene Spitzen, handgemalte Verzierungen, goldener Samt mit Tierkreiszeichen, kostbarer Jacquard voller Sterne und ein Cape mit mehrfarbigen Federn.

Und Chanel? Virginie Viard lud -unter der Glaskuppel des nun wegen mehrjähriger Renovierungsarbeiten geschlossenen Grand Palais – auf einen frühsommerlich geschmückten südfranzösischen Dorfplatz ein. Im Publikum rund um den wie eine Manege inszenierten Laufsteg saßen -in gebührendem Abstand zueinander -die illustren Freundinnen des Hauses versammelt: Marion Cotillard, Penélope Cruz, Vanessa Paradis, Tochter Lily-Rose Depp oder auch Charlotte Casiraghi. Sie blickten auf eine durchwegs heitere Kollektion, die an Tänze in einer lauen Sommernacht erinnerte. Bei den 32 Looks spielten die Partnerateliers wie Lesage, Lemarié oder Montex all ihre handwerklichen Trümpfe aus.

Doch wie auch bei Giorgio Armani Privé -der Maestro ließ seine Kollektion im Palazzo Orsini in Mailand als klassisches Defilee ohne Publikum filmen -hatten neben den opulenten Roben für den großen Abendauftritt auch immer mehr alltagstauglichere Kleidungsstücke Platz: Anzüge, Hosen mit aufwendig bestickten oder drapierten Jacken sowie knielange Kostüme und Kleider, die auch tagsüber getragen werden können und ihren Trägerinnen staatsfrauliches Format verleihen

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. Die Haute Couture wird büro-und politiktauglich und erweitert ihren Horizont.

Einzig Giambattista Valli feiert weiterhin die ewige Traumprinzessin -Frauen, die scheinbar nichts mehr begehren, als unter üppigen Lagen aus Tüll und Seidentaft von einer rauschenden Ballnacht zur anderen zu eilen; diesmal andalusisch inspiriert von Sevilla, mit viel an Polka Dots und kurzen, bestickten Bolerowesten aus Brokat. Eine anachronistische Kollektion, die so gar nicht in den momentanen Zeitgeist zu passen scheint, der von Social Distancing und Zuhausebleiben geprägt ist. Wer kauft so etwas heute? Viele, sagte Valli zur »Vogue« – schon im letzten »Coronasommer« habe er mehr Ballkleider als je zuvor verkauft. »Ich habe einige sehr außergewöhnliche chinesische Kunden, die nach diesen Statement-Momenten suchen. Es funktioniert auch sehr gut im Mittleren Osten«, so der Designer.

An die modeaffine Kundschaft dort hat wohl auch Kim Jones gedacht. Der Chefdesigner von Dior Homme gab sein Debüt in seiner neuen Doppelrolle als ebensolcher bei Fendi Couture. Er ließ die Models -Superstars von Demi Moore über Kate Moss und Naomi Campbell bis hin zu den zwei Töchtern von Silvia Fendi, Delfina und Leonetta -in einem opulenten Labyrinth aus Spiegeln und Glas defilieren und zeigte viel Freude an der großen Geste und den prachtvollen Details, wie sie nur die Haute Couture möglich macht. Jones zeigte tief dekolletierte Hosenanzüge, die vom Pyjamalook des Lockdowns inspiriert zu sein scheinen, aber auch Pelz, kostbare Perlenstickereien oder kunstvoll drapierte Seidenroben. Und er führt die Männer in die Haute Couture ein, schlägt schimmernde Anzüge mit Marmormuster und langer Schleppe vor oder hüllt sie in kaftanähnliche Roben, halb Mantel, halb Kleid, damit sie aussehen wie Prinzen aus 1001 Nacht.

Couture für alle

Männer in der Haute Couture? Was vor drei Jahren bei Givenchy und Martin Margiela als zaghafter Feldversuch begann, hat auch Pierpaolo Piccioli bei Valentino Couture gereizt. Bei 18 seiner 73 Looks zeigte er Mode für Männer -ein Novum. Die Haute Couture solle sich öffnen und weniger an Gender denken. »Code Temporal« heißt die Kollektion, die in der prachtvollen Galleria Colonna in Rom gefilmt wurde. Da es zurzeit keine roten Teppiche oder Galas gibt, nahm Piccioli andere Teile der Garderobe des Couture-Kunden in den Fokus -durchaus straßentauglich: Statt opulenter Roben gab es raffiniert geschnittene Trenchcoats für sie und ihn, asymmetrische Blazer, Bermudas, Hoodies in opulentem Gold-Cloqué und Wollmäntel mit Rosenapplikationen für Männer -und vor allem Capes, immer wieder schmeichelnd fallende Kaschmir-Capes, die beiden Geschlechtern eine gute Figur machen. Schöne Geste: Beim Schlusslauf wurden auch alle Ateliermitarbeiter präsentiert. Mit dieser flamboyanten Kollektion, die einer regelrechten Farbexplosion glich (von Neonpink über Türkis bis Zitrusgelb, kein Schwarz) setzte Piccioli einen der Höhepunkte der Haute-Couture-Woche und zeigte einen Weg in die Zukunft: bodennäher, menschelnder und geschlechtsübergreifend

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