Wie hat sich die Welt der Mode und der Magazine in den letzten 30 Jahren verändert? Die DIVA war live dabei. Chefredakteurin Melanie Gleinser-Moritzer über Kate Moss, neue Frauenbilder und die Gründe, warum Authentizität der Schlüssel zum Erfolg ist.
Die DIVA feiert ihren 30. Geburtstag. Was hat sie damals schon anders gemacht als andere Magazine?
Die DIVA agierte immer sehr frei! Von Anfang an bestand die Redaktion aus einem kleinen Team, dessen Herz zu 100 Prozent für das Magazin schlägt. Deshalb konnten wir auch immer außergewöhnliche Geschichten und Fotostrecken abseits der Norm produzieren. Nicht selten wurde die Bildsprache stilprägend für die Zeit.
Folgt die DIVA als Modemagazin Trends?
Nein! Vielmehr sollte sie Inspiration sein und die Fantasie ihrer Leserinnen und Leser beflügeln.
Auf welche Geschichten kann die DIVA besonders stolz sein?
Ich erinnere mich sehr gerne an die, wie ich sie nenne, »Ikonen«-Ausgabe (Anm.: Ausgabe 2/2008, siehe Seite 62). Dieses Cover wurde sogar für eine Ausstellung von Chanel kuratiert und im Zuge dessen in Venedig gezeigt. Außerdem haben wir schon sehr früh mit Kate Moss gearbeitet; noch vor ihrem internationalen Durchbruch war sie in zwei Mode-Editorials zu sehen. Einen ähnlichen Riecher hatten wir beim österreichischen Topmodel Nadine Leopold: Heute ist sie unter anderem ein Victoria’s-Secret-Engel – mit der DIVA produzierte sie ihre erste Strecke.
Gab es auch Designer, die ihren ersten Magazinauftritt in der DIVA hatten?
Ja! Die DIVA ist nicht nur eine Plattform für international erfolgreiche Designer, von Beginn
an war die DIVA sehr stark in der Förderung von österreichischen Talenten. So gab uns etwa Arthur Arbesser, noch bevor er überhaupt eine Kollektion fertig hatte, sein erstes Interview. Marina Hoermanseder traf uns, als sie ihre Kollektion noch in einem Hotel in Kitzbühel zeigte.
Wie hat sich die DIVA in den 30 Jahren verändert?
Als die DIVA 1989 auf den Markt kam, war die Intention ihrer Gründer Chris Radda und Andreas Dressler, keine »Massenzeitschrift, sondern ein Magazin auf hohem Niveau« zu publizieren. Es gab damals eine rege Modeszene in Wien, aber kein passendes Magazin dazu. Allerdings bediente die DIVA neben Mode und Lifestyle noch viele andere Themen. Heute wird die DIVA immer noch in Wien produziert, wir agieren aber international; seien es die Modewochen, die wir regelmäßig besuchen, oder auch die Kreativen, mit denen wir arbeiten. Wir sind national verhaftet, aber deutlich internationaler geworden. Es ist immer eine spannende Aufgabe, unsere Leserinnen und Leser mit nationalen und internationalen Geschichten zu versorgen und hier eine gute Balance zu halten.
Heute gilt Österreich aber nicht unbedingt als Modeland …
Zu Unrecht! Die Modeklasse auf der Universität für angewandte Kunst in Wien hatte immer schon bedeutende Professoren. Da waren Karl Lagerfeld, Jil Sander, Vivienne Westwood, um nur einige zu nennen. Abgesehen davon spielen viele österreichische Designerinnen und Designer in der internationalen Modeszene eine tragende Rolle.
Die Welt ist digital geworden. Welche Relevanz haben Modemagazine heute noch?
Jedes Magazin hat nur die Relevanz, die es von seiner Leserschaft bekommt. Da hat die DIVA Glück: Wir haben eine treue Fangemeinde, die sie als eines der wichtigsten Modesprachrohre im deutschsprachigen Raum sieht. Das ist dem Umstand geschuldet, dass wir wirklich spannende Reports im Bereich Mode – aber auch Beauty – bieten. Die Redaktion geht mit offenen Augen durch die Welt und lässt sich vom Zeitgeist inspirieren. Das wissen unsere Leserinnen zu schätzen. Es geht um Kontext, das große Ganze, aber zugleich auch um Menschen und persönliche Geschichten.
Mit welchen großen Veränderungen mussten Magazine generell in den letzten 30 Jahren arbeiten?
Das Internet und Social Media sind eine große Konkurrenz. Als die DIVA startete, war sie konkurrenzlos. Heute findet man in den Weiten des Webs alles, was man sucht – das können Modemagazine nicht bieten. Deshalb sind die Artikel heute – hier spreche ich nur für die DIVA – noch mehr am Punkt der Zeit; Produkte werden noch besser kuratiert. Authentizität ist der Schlüssel zum Erfolg.
Wie hat sich das Frauenbild in der Mode verändert?
Meiner persönlichen Einschätzung nach weniger, als man denkt. Natürlich ist Gender Diversity Thema, aber in der Mode leider oft nur ein kosmetisches. Man schickt zwar Frauen mit Kurven und ältere Models über den Laufsteg, das Gros der Mädchen ist aber immer noch 16 und magersüchtig. Wir bei der DIVA haben Glück – unser Name ist Programm. So haben wir ganz selbstverständlich im Jahr 2015 Noëmie Manser für eine Beautystrecke fotografiert, nackt und »Plus Size«. Heuer haben wir etwa mit Britta Dion gearbeitet, einer österreichischen Künstlerin in ihren 50ern, die nun Balenciaga-Face ist.
Sie sind seit 13 Jahren Teil des DIVA-Teams, 2015 haben Sie die Chefredaktion übernommen. Welchen Moment werden Sie nie vergessen?
Als Victoria Beckham ihr Label gründete, hielt sich die Modewelt zurück – keiner sah, wie toll ihre Kollektion war, jeder sah nur die Fußballergattin in ihr. Mir gefielen ihre Sachen aber so gut, dass ich um ein Interview anfragte, das ich auch prompt bekam. Als ich im Februar 2012 zur Fashion Week nach New York flog, besuchte ich natürlich die Show von Victoria Beckham – sie hatte mich ja persönlich eingeladen. Und es wurde wirklich sehr persönlich: Im Milk Studio waren gefühlt nur zehn Journalisten. Victoria setzte sich neben mich und fragte mich bei jedem Look, wie er mir gefällt. Heute wird sie sich nicht mehr daran erinnern – ich tue es umso lieber. Mein Gefühl hat mich nicht getäuscht: Heute ist sie unglaublich erfolgreich.
Bei welchem Modetrend hätten Sie nie gedacht, dass er sich durchsetzt?
Birkenstocks! Ich hasse Birkenstocks … sie sind, ganz neutral betrachtet, einfach hässlich. Man kann doch wirklich auch bequem gehen und dabei gut aussehen.
Melanie Gleinser-Moritzer ist seit 2015 Chef Redakteurin der DIVA